The story behind – Interview mit Bettina Fürlinger
Die ersten Heldenreisen-Erfahrungen in der Selbständigkeit
The story behind: Bettina Fürlinger ist Kommunikationsberaterin, Trainerin für Unternehmenskultur und Teamentwicklung sowie Story-Tellerin. Ihr Unternehmen hat sie im Mai 2011 gegründet und damit ihre eigene „Job Description“ als „Königin“ geschaffen.
Wer bist du und was machst du?
Meine „Story behind“ handelt von Stories. Ich bin verrückt nach Geschichten. Geschichten haben für mich diese Magie, die uns den größeren Zusammenhang erkennen lässt – der uns oft verborgen bleibt, weil wir selbst nur bis zu unseren Zehenspitzen sehen. Vor vielen Jahren habe ich begonnen, meine eigenen Geschichten aufzuschreiben. Es war verblüffend, was ich über mich erfahren habe und welche Kraft Stories haben, um sich selbst auf die Schliche zu kommen.
Zunächst lebte ich meine Leidenschaft in der Gestaltung literarischer Schreibworkshops aus – als meine kleine „Alice im Wunderland“-Ecke neben meiner „seriösen“ Tätigkeit in der Kommunikationsberatung und Unternehmenskulturentwicklung. Aber schon bald erkannte ich die Power von Geschichten in der Wirtschaft: Stories vermitteln die Essenz eines Unternehmens, anstatt sich hinter erfundenen Werbeversprechen zu verstecken. Sie erzählen von Unternehmensgründern und ihren Visionen, von Führungskräften und ihren Herausforderungen, sie machen den Menschen im Unternehmen sichtbar und spürbar und stärken so auch die Attraktivität eines Unternehmens für die besten Köpfe im Markt.
Und vor allem: sie machen Freude. In Story-Telling-Workshops entstehen unglaublich viel Energie, Motivation und Teamzusammenhalt, wenn die authentischen, charismatischen und oft auch berührenden Geschichten ins Leben kommen.
Wie kam es zur Gründung Deines Unternehmens?
Meine Berufslaufbahn startete ich in der Finanzwelt, über 15 Jahre habe ich die Unternehmenskommunikation von Privatbanken geleitet. Nicht zuletzt die Finanzkrise hat mir gezeigt, dass ich mich nach einer Wirtschaft mit mehr Substanz, mehr Leben, mehr Mensch sehne. Für meine Vorstellungen gab es keine vorgefertigte Job description, ich musste mir meinen eigenen Job kreieren – also auf ins Unternehmertum! Ich machte Coaching- und Trainingsausbildungen und verordnete mir eine Auszeit von einem halben Jahr, um zu sehen, wo es hingeht, wenn mal kein superfixer Plan da ist. Dann ging´s los.
Worin findest du Selbstmotivation, dein Business voran zu treiben?
Ich versuche, mich vom „Sog statt Druck“-Prinzip leiten zu lassen. Klingt abgehoben, hat aber was: ich erschaffe meine kraftvollen Zukunftsbilder und vertraue darauf, dass sie einen Sog entwickeln, der mich im widerspenstigen Alltag die richtigen Schritte gehen lässt. Das funktioniert immer öfter ;-). Wenn es sich dennoch spießt, praktiziere ich „Outdoor-Arbeiten“. Ich laufe, skitoure oder rudere mich wieder in meine Spur und dann fallen mir die Ideen und Antworten gleich wieder viel leichter zu. Noch besser funktioniert das in meiner heimlichen Heimat Griechenland.
Mit welcher Herausforderung hattest oder hast du am meisten zu kämpfen?
Lange bin ich mit einem riesigen Bauchladen an Angebot herum gelaufen – in der Angst, mir könnte ein wichtiges Geschäft entwischen, wenn ich nicht alles, alles alles anbiete, was mein Erfahrungs- und Ausbildungsspektrum hergibt. Und ich habe nahezu jeden Auftrag angenommen, in der Furcht, es könnte keiner mehr nachkommen. Erst nach und nach habe ich mich getraut, zu fokussieren und mein Angebot zuzuspitzen. Nach dem Motto: „Finde Deine Nische und sei darin Königin“. Ich liebe es, Königin zu sein.
Und was liebst du an deinem Job?
Im Zuge eines Brainstorming-Termins mit mir selber stand für 2016 das Wort „Donau-Universität“ auf dem Flipchart. Seit ich dort 2005 den Lehrgang „Qualitätsjournalismus“ absolviert hatte, keimte der leise Gedanke in mir, irgendwann hier auch vorzutragen. Ohne mein weiteres Zutun klopfte ein paar Wochen später die Leiterin des Journalismuszentrums bei mir an und engagierte mich für den MBA „Leadership und Communication“. Es fasziniert mich, wenn die Fäden so von alleine zusammen laufen. Sog statt Druck eben.
Was würdest du anderen raten, die vorhaben, ein Unternehmen zu gründen?
Selbstständigkeit ist freier Flug und freier Fall zugleich. Beides muss man aushalten. Kein Netz unter dem Hintern zu haben und die uneingeschränkte Freiheit, sich täglich neu erfinden zu können. Ich finde es enorm wichtig, sich eine gute Struktur und Infrastruktur zu geben und auf einen stärkenden Austausch zu achten. Gerade als Einzelunternehmer_in läuft man schnell Gefahr, zur „Inzucht“ zu werden. Deshalb arbeite ich in vielfältigen Kooperationen mit innovativen und kreativen Menschen.
Inwiefern unterscheiden sich Wunschdenken und Realität im Bezug auf dein Unternehmertum?
Die unendliche unternehmerische Freiheit hat – wie alles – eine Kehrseite: sich ständig weiter zu entwickeln, zu administrieren und zu vermarkten, kostet viel Zeit und Energie. Außerdem hat der Schuster oft die schlechtesten Schuh – für mein eigenes Marketing fehlt immer wieder die Zeit. Dann bleibt meine Website unaktualisiert und mein eigener Newsletter ungeschrieben. Ich muss mich immer wieder fragen: worin bin ich der Profi (die Königin) und was lagere ich besser aus?
Schließe die Augen und denke an deine unternehmerische Zukunft. Was siehst du?
Ich organisiere eine europaweite Story-Telling-Werkstatt in einem Denkerdorf wie Alpbach. Visionäre Unternehmer_innen, Journalist_innen, Führungskräfte, Personalverantwortliche und Kommunikations-Expert_innen schreiben und erzählen von ihren Erfahrungen und Erlebnissen. Es entsteht eine bunte, faszinierende Welt von Geschichten, Inspiration und Motivation. Business wird menschlich, leidenschaftlich und zukunftsweisend durch beflügelnde Stories.
Welche Superheld_innen-Eigenschaft hättest du gerne und warum?
Stories folgen der Struktur der Heldenreise – Luke Skywalker, Frodo oder Katniss Aberdeen: der/die Held_in zieht aus, kämpft gegen Hindernisse, der Konflikt spitzt sich zu, der/die Held_in meistert ihn und ist ein großes Stück gewachsen. In Schlüsselmomenten begegnen ihm Mentoren und magische Helfer. Ich möchte wachsam und offen dafür sein, meine Yodas und Gandalfs zu erkennen, wenn sie da sind und meine „Heldenreise“ weiter zu verfolgen – auch wenn es haarig und unbequem wird.
Wessen Geschichte würdest du bei the story behind gerne lesen wollen und warum?
Steve Jobs hat in seiner berühmten Rede an der Stanford University gesagt: “You can’t connect the dots looking forward; you can only connect them looking backwards…“, und damit zum Ausdruck gebracht, dass man erst im Nachhinein erkennen kann, wie die Lebensfäden zusammen laufen und welchen Sinn sie ergeben. Wie sieht er von dort, wo er jetzt ist, die „Dots“ seines Lebens? Ich würde viel dafür geben, das von ihm zu hören.